Anzeige 1969: Neue Heimat … lieber besser leben

Imageanzeige der DGB-Tochter Neue Heimat aus 1969. Da baute die Neue Heimat noch Wohnblocks, Einkaufszentren und öffentliche Gebäude, wie Schulen und Krankenhäuser.
Imageanzeige der DGB-Tochter Neue Heimat aus dem Jahr 1969. Da baute die Neue Heimat noch Wohnblocks, Einkaufszentren und öffentliche Gebäude, wie Schulen und Krankenhäuser.

Die Neue Heimat war einmal eine der größten Wohnungsbaugesellschaften in Deutschland.

Der Name geht auf die Zeit des Nationalsozialismus zurück: die im Mai 1933 enteigneten gewerkschaftseigenen Wohnungsunternehmen wurden der Deutschen Arbeitsfront (DAF) unterstellt, und diese benannte 1939 die einzelnen Firmen in Neue Heimat um. So firmierte beispielsweise die 1926 vom Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) gegründete Gemeinnützige Kleinwohnungsbaugesellschaft Groß-Hamburg (GKB) als Neue Heimat Hamburg (NHH).

Nach dem Krieg wurde die NHH von der britischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und 1952 dem DGB übergeben. Das Unternehmen beschränkte seine Tätigkeit in der Wiederaufbauphase zunächst auf Hamburg, aber unter ihrem ersten Vorsitzenden Heinrich Plett kaufte die NHH Anteile zahlreicher Baugesellschaften in Hamburg, Bremen, München und anderen Städten. 1954 beschloss der DGB, alle eigenen Wohnungsunternehmen wirtschaftlich der Neuen Heimat Hamburg zu unterstellen und formte so den Großkonzern Neue Heimat mit über 100.000 Wohnungen (Ende der 1950er-Jahre). Als Planungsleiter gewann sie Ernst May, der maßgeblich an der Errichtung von NH-Großwohnsiedlungen beteiligt war, beispielsweise die Parkstadt Bogenhausen in München-Bogenhausen (München), die Gartenstadt Farmsen in Hamburg-Farmsen-Berne (Hamburg), Grünhöfe (Bremerhaven), Lübeck-St. Lorenz und die Neue Vahr (Bremen), und von dem auch die Firmenzentrale, ein Hochhaus an der Lübecker Straße in Hamburg-Hohenfelde, stammt.

Nach dem Tod Pletts 1963 übernahm dessen „Ziehsohn“ Albert Vietor die Leitung des Großunternehmens, das bereits über einen Bestand von 200.000 Wohnungen verfügte und inzwischen mit gemeinwirtschaftlichen Tochterunternehmen (zum Beispiel 1969 Gründung der Neue Heimat Städtebau, 1971 Neue Heimat International) auch international tätig war. Zu den bekanntesten deutschen Neue-Heimat-Wohnanlagen der folgenden Jahre zählen Mettenhof (Kiel), Osterholz-Tenever (Bremen), Königswiesen (Regensburg), Lohbrügge-Nord und Karlshöhe (Hamburg), Auefeld (Kassel), Leherheide in Bremerhaven, Monheim am Rhein und Ratingen-West (beide Kreis Mettmann), Heidelberg-Emmertsgrund, Hasenbergl und Neuperlach (München), aber zunehmend auch Gewerbebauten wie das Elbe-Einkaufszentrum oder das Kongresszentrum CCH in Hamburg. Nicht realisiert wurde hingegen das auf Betreiben Vietors entworfene Großprojekt Alsterzentrum in Hamburg. In den 1970er Jahren stieg die Neue Heimat auch in das Geschäft mit der Altstadtsanierung ein (Hameln, Stade u. a.); zudem wurde sie in mehrere regionale Gesellschaften wie die Neue Heimat Nord aufgegliedert.

Am 8. Februar 1982 erschien ein Bericht im Spiegel, in dem aufgedeckt wurde, dass sich mehrere Vorstandsmitglieder unter der Führung von Albert Vietor persönlich, zum Teil auch direkt an den Mietern, bereichert hatten. Eine Woche später entließ der Aufsichtsrat unter dem DGB-Vorsitzenden Heinz Oskar Vetter die Beschuldigten. In den weiteren Untersuchungen stellte sich eine erhebliche Verschuldung des Konzerns heraus. Von 1982 bis 1986 war Diether Hoffmann Sprecher der Geschäftsführung der Wohnungsbaugruppe. Er schied nach einem spektakulären Verkauf der Gruppe aus.

Am 7. Dezember 1982 gab der Konzern die Unternehmenszahlen bekannt, demnach gab es einen Verlust von 193 Millionen DM bei der Neuen Heimat und 562 Millionen DM bei der Neue Heimat Städtebau. Der Umsatz betrug 1981 rund 6,4 Milliarden DM.

Am 25. Januar 1983 veröffentlicht der Konzern Auszüge aus einem unabhängigen Gutachten der Wirtschaftsprüfergesellschaft Treuarbeit, aus dem hervorging, dass der ehemalige Vorstandschef Albert Vietor durch Privatgeschäfte dem Unternehmen einen Verlust von 105 Millionen DM bereitet hatte.

Am 18. September 1986 verkaufte der DGB das gewerkschaftseigene Wohnungsbauunternehmen nach mehrwöchiger Verhandlung zum symbolischen Preis von einer Mark an die Firma DNG Vermögensbildung GmbH des Berliner Bäckerei-Unternehmers Horst Schiesser. Die ursprüngliche Absichtserklärung sah einen Kaufpreis von 360 Millionen DM vor, der bis 2006 gestundet werden sollte. Die Verbindlichkeiten der übernommenen Neuen Heimat betrugen etwa 16 Milliarden Mark.

Der Verkauf stieß in der Öffentlichkeit auf Unverständnis. Die Presse hielt einen mittelständischen Unternehmer mit dem milliardenschweren Wohnungsunternehmen für überfordert. Auch der symbolische Kaufpreis von einer Mark für überschuldete Unternehmen war in der Öffentlichkeit damals nicht geläufig und löste Erstaunen aus. Der Sanierungsplan Schiessers wurde von den Banken nicht akzeptiert, daher wurde der Vertrag am 12. November 1986 rückabgewickelt. Schiesser erhielt nach längeren Prozessen eine millionenschwere Abfindung, die jedoch überwiegend für die Bezahlung von Anwälten verloren ging.

Am 25. November 1986 wurde eine NH-Auffanggesellschaft gegründet mit der Bestellung von Heinz Sippel zum Treuhänder. Nach dem Verkauf aller Wohnungsbestände legte dieser im September 1990 sein Mandat nieder.

Die meisten Regionalgesellschaften der Neuen Heimat wurden in dieser Zeit entweder an die Bundesländer (zum Beispiel Bremen die GEWOBA, Hamburg die GWG Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft, Berlin als WIR Wohnungsbaugesellschaft in Berlin mbH danach Gewobag WB Wohnen in Berlin GmbH, Hessen die GWH, Nordrhein-Westfalen) oder an private Investoren verkauft (Baden-Württemberg und Bayern). 5.500 Wohnungen aus dem Bestand der NWGS, überwiegend in NRW, übernahm das Grevener Unternehmen Sahle Wohnen.

In Schleswig-Holstein und Niedersachsen gab es kein Interesse an den dortigen Wohnungsbeständen; es kamen andere Verkaufskonzepte zum Zuge:

In Schleswig-Holstein erwarb eine gewerkschaftsnahe Immobilienhandelsgesellschaft die Wohnungsbestände, welche diese später en bloc veräußerte.

Infolge der Regionalisierung der NH-Bremen übernahm die Neue Heimat Niedersachsen von dieser und anderen Gesellschaften, unter anderem von der Nordwestdeutschen Siedlungsgemeinschaft (NWDS), rund 37.000 Wohnungen. Die dadurch entstandenen hohen Belastungen gefährdeten den Fortbestand der NH-Niedersachsen. Dieser wurde 1988 unter anderem durch den Verkauf von etwa 8.200 Wohnungen an die von der Gewerkschaftsholding BGAG mitgegründete ALLWO AG Hannover gesichert. Diese verkaufte die Wohnungen nach dem von der BGAG entwickelten Privatisierungskonzept Wohnungen in Mieterhand an Mieter und Kapitalanleger weiter, rund die Hälfte davon per Strukturvertrieb nach den Methoden des Immobilienbetrugs (Schrottimmobilien-Skandal).

Am 5. Juni 1998 wurde die Abwicklung der Neuen Heimat durch die Verschmelzung der HVB (Hamburger Verwaltungs- und Betreuungs-Aktiengesellschaft) zur BGAG (Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften Aktiengesellschaft, früher Beteiligungsgesellschaft für Gemeinwirtschaft AG) abgeschlossen.

Die seinerzeit als BauBeCon-Gruppe firmierende ehemalige Regionalgesellschaft Neue Heimat Niedersachsen blieb bis Herbst 2005 in Gewerkschaftsbesitz, als sie an die Cerberus Capital Management verkauft wurde. Dies war Folge der Finanzprobleme bei der Allgemeinen Hypothekenbank Rheinboden (AHBR), in deren Folge die Gewerkschaften ihren Anteil an der Bank im selben Jahr an den US-Finanzinvestor Lone Star verkauften.

Neue Heimat war zu einem negativ besetzten Begriff für den heute nicht mehr akzeptierten Großsiedlungsbau in Form von Trabantenstädten der 1960er- und 1970er-Jahre geworden (Schlagworte „Urbanität durch Dichte“, „Charta von Athen“). Dazu ist zu berücksichtigen, dass die erhebliche Wohnungsnot der Nachkriegszeit durch intensive Bebauung zügig gebessert werden musste. Im massiv ausgebombten Land suchten zusätzlich auch bis zu 14 Millionen Geflüchtete und Vertriebene ein Dach über dem Kopf.

Ab den 1990ern startete der Bund das zunächst Forschungsprogramm Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt) zum Thema „Stadtumbau West“ (und Ost), um rückläufigen Entwicklungen in problematischen Stadtregionen, Städten und Stadtteilen entgegenzuwirken. Unter anderem sind die von der Neuen Heimat erbauten Wohnanlagen Bremen-Osterholz-Tenever und Lübeck-Buntekuh Teil dieses Programms. Dort wurden unter anderem als „Impulsprojekt“ Wohnhochhäuser abgebrochen.

Durch die Bereicherung mehrerer Vorstände geriet die unternehmerische Betätigung der Gewerkschaften insgesamt in die Kritik. Weiter schadete die Affäre der ihr nahestehenden SPD.

(Quelle: Wikipedia)

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